OLG Frankfurt a.M.: Kontrollpflichten für Amazon nicht auf ASIN Marketplace-Verkäufern beschränkt!

Das OLG Frankfurt hat mit Urteil vom 21.12.2023 entschieden, dass Amazon als Plattformbetreiber für die Marketplace Händler bei Anzeige eines Wettbewerbsverstoß nicht nur das konkrete Angebot unter der angezeigten ASIN löschen, sondern auch kerngleiche Verstöße unterbinden muss. Geschieht dies nicht, haftet der Plattformbetreiber selbst auf Unterlassung.

Die Klägerin hatte Amazon auf Wettbewerbsverletzungen von Verkaufsangeboten Dritter auf seiner Plattform hingewiesen. Unterschiedliche Marketplace-Verkäufer hatten unzulässigerweise für ihre veganen Produkte die Beschreibung

„Sojamilch“, „Hafermilch“ und „Reismilch“

gewählt.

Nach Kenntnis sperrte Amazon die jeweiligen Verkaufsangebote unter den angezeigten ASINS. Gleichwohl waren andere Angebote online, die für vegane Waren die Bezeichnung „Milch“ weiterhin benutzen und welche über einen Wortfilter hätten aufgefunden werden können.

Daraufhin nahm die Klägerin Amazon auf Unterlassung in Anspruch.

Das OLG Frankfurt stellt fest, dass Amazon nicht effektiv dafür gesorgt habe, dass gleichartige Verstöße beseitigt und verhindert werden, so dass die Inanspruchnahme zu Recht erfolge.

Amazon hafte zwar nicht als Täter, habe jedoch sei seine Sorgfaltspflichten in Form der wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht verletzt. Wer eine Plattform betreibe und Händlern die Möglichkeit der Verkäufe gebe, den treffe wettbewerbsrechtlich die Pflicht, die von den Angeboten der Händler ausgehende Gefahr im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren zu begrenzen.

Eine solche weitergehende, umfangreiche Prüfpflicht durch Einsatz eines Wortfilters sei auch angemessen und zumutbar, da es um das Verbot wortgleicher Rechtsverletzungen gehe und nicht um eine Pflicht, künftige Rechtsverstöße durch einen sog. Upload-Filter zu verhindern.

Auch die Gefahr, dass auch rechtmäßige Wörter herausgefiltert würden und Amazon von den betroffenen Drittanbietern in Anspruch genommen werden könnte, sei kein Argument. So sei nicht ersichtlich, dass in relevantem Umfang ein sog. Overblocking drohe, dass eine aufwändige manuelle Nachprüfung erforderlich machte. So könne der Einsatz eines Wortfilters auf den Bereich der „Lebensmittel & Getränke“ beschränkt werden. Soweit Teile der Drittanbieter andere Gegenstände innerhalb dieser
Kategorie anbieten, seien sie nicht schutzwürdig, sofern aufgrund eines Wortfilters für Lebensmittel und Getränke unzulässige gesetzliche Bezeichnungen herausgefiltert werden.

Die Revision zum BGH wurde zugelassen.

Fazit:

Die Entscheidung des OLG Frankfurt hat weitreichende Konsequenzen für den Plattformbetreiber, so dass mit Spannung der Ausgang des Verfahrens bei dem BGH zu erwarten ist. Würde die Rechtsansicht des OLG bestätigt, könnte sich Amazon nicht wie bisher üblich auf die Löschung des angezeigten Angebotes unter der konkreten ASIN zurückziehen, wodurch Rechteinhabern und Mitbewerbern bei der effektiven Durchsetzung ihrer Rechte sehr geholfen wäre.

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