Der BGH hat mir Urteil vom 03. März 2016 einen Amazon Marketplace Händler aufgrund einer nachträglichen Änderung seines Angebotes auf dem Amazon Server durch einen anderen Händler wegen einer Markenverletzung verurteilt, da es der verurteilte Händler unterlassen hatte das von ihm eingestellte Angebot regelmäßig zu überprüfen.
Im Streitfall hatte der beklagte Händler auf der Amazon Marketplace Plattform eine Maus für ein Notebook angeboten. Er hatte hierzu auf dem Server von Amazon unter Akzeptanz der allgemeinen Nutzungsbedingungen für Marketplace Händler Produktinformationen und den Herstellernamen Oramics am 13.10.2010 hinterlegt zu einer neuen Produktidentifikationsnummer (ASIN) angelegt.
Amazon verpflichtet sämtliche Marketplace Händler, welche dasselbe Produkt verkaufen wie andere Händler, sich auf dem Amazon-Server unter derselben Identifikationsnummer von Amazon (ASIN) für die Produktverkäufe listen zu lassen. Dieser Listing-Prozess ist zwingend und führt dazu, dass Angebote der identischen Produkte unterschiedlicher Amazon Händler auf der Marketplace Plattform mit einheitlichen Produktinformationen dargestellt werden und am rechten Rand lediglich angezeigt wird, welche übrigen Händler das Produkt zu anderen Konditionen anbieten. Auf den Listing-Prozess haben nach derzeitiger Informationslage die Marketplace Händler keine Einflussnahme, was zu vielfältigen rechtlichen Problemen führt, insbesondere bei der Zuspielung von urheberrechtswidrigen Werbefotos in Angebote der Marketplace Händler, ohne dass diese das urheberrechtswidrige Foto erstmals auf dem Amazon Server hinterlegt haben.
In der vorliegenden Fallgestaltung wurde kein Werbefoto zugespielt, sondern durch einen weiteren Amazon Händler die ursprünglichen Produktinformationen bei der Anlage des Angebotes auf dem Amazon Server verändert. Die ursprüngliche Herstellerbezeichnung Oramics wurde durch einen anderen Händler in die Markenbezeichnung „Trifoo“ der Klägerin abgeändert. Folge dieser Änderung war, dass bei dem Angebot der Beklagten nunmehr eine markenrechtsverletzende Bezeichnung in der Produktbeschreibung durch die nachträgliche Änderung ohne seine Kenntnis eingespielt wurde.
Gut ein Jahr nach der Anlage des ursprünglichen Angebots wurde der Beklagte am 20. November 2011 wegen des Erscheinens der markenrechtsverletzenden Bezeichnung „Trifoo“ im Zusammenhang mit der von ihm angebotenen Maus des Herstellers Oramics abgemahnt. Der BGH hat nun die im Rahmen seiner Entscheidung die Fragestellung zu entscheiden, ob der Amazon Marketplace Händler für die nicht von ihm vorgenommene Änderung, die gleichwohl seit längerer Zeit in seinem Angebot erschienen war, die Haftung übernehmen sollte. Dies bejahte der BGH im Rahmen der Unterlassungs- und Kostenerstattungsklage der Abmahnkosten mit der Begründung, dass der Beklagte, der sein Angebot über einen längeren Zeitraum als Market-Place Händler auf der Amazon Plattform vorhalte, das Amazon-Prinzip mit der vereinheitlichten Identifikationsnummer zu identischen Produkten kenne und insofern auch wisse, dass hier ohne sein Zutun nachträgliche Änderungen möglich seien. In Anbetracht der immer wiederkehrenden Rechtsverletzungen aus der Vergangenheit obliege ihm daher eine regelmäßige Überprüfung seines ursprünglich auf dem Amazon-Server hinterlegten Angebotes in Bezug auf die Richtigkeit der Produktinformationen. In welchem Zeitraum eine solche Überprüfung zumutbar ist, entschied der BGH nicht. Gleichwohl stellte er fest, dass vom Zeitpunkt der Eintragung der Klägermarke „Trifoo“ bis zur Abmahnung nahezu 2 Wochen verstrichen seien, in welchen er den Inhalt seines Angebotes nicht überprüft habe. Dies sei ausreichend in Anbetracht der allgemeinen bekannten jederzeitigen nachträglichen Änderungsmöglichkeit der Produktinformation und innerhalb eines von mehreren Händlern angebotenen Produktes, zu dem es eine einheitliche Identifikationsnummer bei Amazon gebe.
Fazit:
Die Entscheidung des BGH mit der Bejahung der Verantwortlichkeit für die Markenrechtsverletzung ist interessengerecht. Sie entspricht der bisherigen Rechtsprechung aus dem Wettbewerbsrecht zu dem Unterlassen nachträglicher Überprüfungen der Angebote durch die von Amazon eingespielte nicht mehr aktuelle UVP eines Amazon Marketplace Händlers durch das OLG Köln. Hier hatte das OLG Köln eine Verantwortlichkeit des Händlers aufgrund der leichten Feststellbarkeit der nicht mehr aktuellen UVP durch einen Vergleich mit der Herstellerpreisliste bejaht. Insofern ist es vor dem Hintergrund des Versuches einen Ausgleich zwischen der Verantwortlichkeit des Amazon Händlers auf der einen und den Rechteinhabern auf der anderen richtig, dem Händler nach der Schaltung eines ursprünglich zulässigen Angebotes in regelmäßigen Abständen eine Überprüfung aufzubürden. Ob ein so enges Zeitfenster von um die 2 Wochen hierfür notwendig ist, mag man unterschiedlich sehen.
Die Entscheidung liegt auch auf der Rechtsprechungslinie des BGH zu der so genannten Störerhaftung. Diese Haftung wird immer dann angenommen, wenn der Online Händler in irgendeiner Art und Weise willentlich und ursächlich zur Verletzung von geschützten Rechten beiträgt, ohne gleichzeitig Täter oder Teilnehmer zu sein. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, dass eine Haftung immer nur dann angenommen wird, wenn in den Grenzen der Verhältnismäßigkeit eine tatsächlich mögliche und rechtlich zumutbare Prüfpflicht verletzt wird.
Allerdings ist die Entscheidung aus meiner Sicht nicht auf das Urheberrecht und die Einspielungen von urheberrechtswidrigen Produktfotos vom Amazon Server übertragbar. Hier besteht im Gegensatz zu dem entschiedenen Fall des BGH, aber auch zu einer einfachen Überprüfbarkeit von nicht mehr aktuellen UVPs durch einen Abgleich mit der Herstellerpreisliste im Fall des OLG Köln gerade keine einfache und zumutbare nachträgliche Möglichkeit Feststellung der Unrichtigkeit durch den Amazon Händler. Sollten nicht von dem jeweiligen Amazon Market Place Händler auf den Amazon Server aufgespielte Werbefotos zugespielt werden, welche unzulässigerweise auf den Amazon Server hochgeladen wurden und auf deren Auswahl der Händler keinen Einfluss hat, kommt eine Haftung des Amazon Market Place Händlers nicht in Betracht. Dies hat das OLG München in einem jüngst veröffentlichten Urteil mit der Begründung bestätigt, dass der Händler keine tatsächliche Prüfung und Einflussnahme auf das ihm durch einen ihm nicht bekannten Algorithmus von Amazon von dessen Server in sein Angebot zugespielte Werbefoto besitzt.
Insofern empfehlen wir unabhängig von der vorstehenden urheberrechtlichen Thematik in jedem Fall die Amazon Market Place Händler regelmäßig und zwar in deutlich kürzeren Abständen als zwei Wochen die eigenen Angebote zu überprüfen, ob diese noch den ursprünglichen Produktinformationen entsprechen. Für Rechteinhaber von technischen Schutzrechten, Marken- oder Designrechten heißt dies in der Konsequenz, dass sie etwaige Rechtsverletzungen ihres geistigen Eigentums durch einen Amazon Market Place Händler jederzeit abmahnen und gerichtlich verfolgen können.