OLG Frankfurt: Keine „Rückruf“-Pflicht bei irreführender Online-Werbung

Das OLG Frankfurt hat mit Urteil vom 23.11.2017 entschieden, dass bei einer irreführende Werbung auf einer Webseite anders als bei der Auslieferung  rechtsverletzender Ware keine „Rückruf“-Plicht besteht.

Der Streit betraf eine Vertragsstrafenforderung wegen des Verstoßes gegen eine Unterlassungserklärung. Die Beklagte hatte eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben, in der sie sich verpflichtete, es ab sofort zu unterlassen, Uhren als nickelfrei zu bewerben, sofern diese Nickel enthalten. Die Beklagte löschte die Texte von ihrer Webseite, unternahm aber nichts weiter. Einige Zeit später sprach die Klägerin Uhrenfachhändler, die auf der Webseite der Beklagten gelistet waren, an und fragte nach, ob die Produkte der Beklagten nickelfrei seien. Dies bejahten die Fachhändler. Daraufhin machte die Klägerin eine Vertragsstrafe geltend, weil sie der Ansicht war, dass die Äußerungen der Händler der Beklagten zuzurechnen seien.

Das OLG Frankfurt wies die Klage mit der Begründung ab, dass von einer irreführenden Angabe auf einer Internetseite anders als in den klassischen „Rückruf“-Fällen bei dem Vertrieb rechtsverletzender Warehttps://ip-blogger.de/blog/e-commerce/olg-hamburg-rueckrufpflicht-eines-produktes-auch-bei-auf-verpackung-aufgedrucktem-werbeverbot.html keine dauerhafte Fortwirkung in die Zukunft ausgehe. Es sei bloß unwahrscheinlich, dass sich Kunden, die die Angabe gelesen haben, noch daran erinnerten. Derartige Werbeaussagen seien eher kurzlebig und prägten sich in der Regel nicht dauerhaft ein. Ein Händler werde daher die einmal auf der Internetseite der Beklagten gelesene Angabe nicht über einen längeren Zeitraum an Kunden weitergeben, ohne zu überprüfen, ob sie auf der Internetseite noch in gleicher Weise zu finden sei. Eine Aufklärungsverpflichtung setze aber voraus, dass sich die Äußerung dem Gedächtnis Dritter derartig eingeprägt habe, dass sie in ihnen geistig fortlebe. Sie müsse sich als stetig fortwirkende Quelle der Schädigung darstellen.

Fazit:

Die Entscheidung ist auf den ersten Blick überraschend, da sie scheinbar dem jüngeren höchstrichterlichen Rechtsprechung widerspricht. Bei näherer Betrachtung ist sie gleichwohl nachvollziehbar, allerdings nicht unumstritten. So hat der BGH https://ip-blogger.de/blog/designrecht/bgh-unterlassungserklaerung-beinhaltet-grundsaetzlich-rueckrufverpflichtung.html betont, dass eine Rückrufverpflichtung nur bei einer dauerhaft fortwirkenden Verletzungshandlung wie etwa der Eintragung einer rechtsverletzenden Firmierung in ein Internetverzeichnis oder dem unbefugten Öffentlich-Zugänglichmachen von Lichtbildern auf einer Internetplattform besteht. Dies hat das OLG bei einer irreführenden Online-Werbung mit der nachvollziehbaren Begründung verneint, dass eine dauerhafte Fortwirkung in die Zukunft mangels Einprägung in das Gedächtnis Dritter ausscheide. Gleichwohl hätte man die Entscheidung auch mit der Begründung anders treffen können, dass eine Verpflichtung zur Information über den Inhalt der Unterlassungserklärung im Schriftform gegenüber den Uhrenhändlern verletzt worden ist. Insofern empfiehlt sich im Zusammenhang mit der Abgabe einer Unterlassungserklärung Rechtsrat einer in Fragen des gewerblichen Rechtsschutz spezialisierten Kollegen einzuholen, um die jeweiligen Pflichten zu klären.

 

 

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