Das Oberlandesgericht München (OLG München) hat mit Beschluss vom 27. April 2015 im Rahmen einer ausführlich begründeten einstweiligen Verfügungsentscheidung Google verboten, verschiedene Treffer zu einer Wortberichterstattung über einen Betrugsverdacht in Bezug auf ein Unternehmen anzuzeigen.
Dies ist die erste Entscheidung eines deutschen Gerichts gegenüber Google im Nachgang des Urteils des EuGH über das in den Medien kommunizierte „Recht auf Vergessen“, bei dem der EuGH unter Berücksichtigung der datenschutzrechtlichen Grundsätze sowie der Persönlichkeitsrechte Google in die Verantwortung genommen und aufgrund der eigenen Datenverarbeitung ohne Rückzug auf das Presseprivileg zur Löschung von Daten verurteilt hat. Nunmehr hat das OLG München im Rahmen einer ausführlichen Entscheidung innerhalb eines einstweiligen Verfügungsverfahrens Google zur Löschung eines Links auf eine Berichterstattung zu einem „Betrugsverdacht“ verurteilt. Im Rahmen der Verlinkung auf den Beitrag innerhalb eines Blocks wurde über das Unternehmen im Zusammenhang mit einem staatsanwaltschaftlich eingeleiteten Ermittlungsverfahrens wegen Betrugsverdacht berichtet, obwohl die Staatsanwaltschaft ein Verfahren wegen Kapitalanlagebetrug und nicht wegen dem schwerwiegenderen Betrug eingeleitet hatte. Der Senat beschäftigt sich ausführlich mit der Einordnung der Berichterstattung als nachweisbare Tatsachenbehauptung und stellt darüber hinaus formalistisch fest, dass zwischen den Straftatbeständen des Betrugs nach § 263 StGB und des Kapitalanlagebetrugs nach § 264 a StGB ein deutlicher Unterschied bestehe, bei dem nicht nur unter anderem unterschiedliche Tatbestandsmerkmale zu prüfen sind, sondern auch die Einordnung des jeweiligen Delikts unterschiedlich ausfalle, da der Kapitalanlagebetrug als abstraktes Gefährdungsdelikt nicht von jedermann verwirklicht werden könne. Insofern kam der Senat zu der Auffassung, dass der Blockbeitrag eine unrichtige Tatsachenbehauptung verkörpere, welche die Persönlichkeitsrechte des Unternehmens verletze.
Hierbei wurde auf das Unternehmenspersönlichkeitsrecht abgestellt, welches dann verletzt wird, wenn die unrichtige Tatsachenbehauptung den Ruf des Unternehmens nachhaltig beschädigen kann.
Darüber hinaus nahm das OLG eine weitere neue Bewertung vor. So stellte er fest, dass bei Eingabe der Unternehmensfirma auf Google im Wege des so genannten „Snippets“ folgende Aussagen getätigt wurden.
„XY unter Betrugsverdacht, die Staatsanwaltschaft ermittelt (… das Geschäftsmodell von XY… sieht vor, dass…).“
Entgegen der bisherigen Rechtsprechung des OLG Hamburg, erklärte nunmehr der Senat, dass bei einem solchen Auszug (Snip-It) eine inhaltliche Aussage erkennbar sei, für die Google im Falle der nachgewiesenen Unrichtigkeit mit einer vorgenommenen Persönlichkeitsverletzung auch zu haften habe. Bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt vertrat das OLG Hamburg noch die Ansicht, eine Haftung für derartige Snip-Its sei ausgeschlossen.
Fazit:
Die Entscheidung des OLG München ist zwar nur im einstweiligen Verfügungsverfahren ergangen, gleichwohl von einer wichtigen und grundsätzlichen Aussagekraft. Zum einen wird in konsequenter Fortentwicklung der Entscheidung des EuGH Google das zurückziehen auf das Presseprivileg sowie die Privilegien der Telemediendienstbetreiber für fremde Inhalte verweigert, da eine eigene Datenverarbeitung in Bezug auf die Anzeige der Links als Suchergebnis begründet wird. Insofern hat die Entscheidung trotz der Problematik im Hinblick auf die Vollziehung in den USA eine maßgebliche Signalwirkung auch für die momentan von Google als Folge der EuGH Rechtsprechung eingerichtete Löschungsmöglichkeit für datenschutzrechts- sowie persönlichkeitsrechtsverletzende Inhalte.
Soweit Google Links auf persönlichkeitsrechtsverletzende, unwahre Tatsachenberichte
oder Links auf Beiträge anzeigt, bei denen nach Ablauf der Aktualität eine ursprünglich vor Jahren rechtmäßige Berichterstattung unter Nennung des Namens oder Bildes einer Person nunmehr unrechtmäßig ist, besteht die Verpflichtung zur Löschung der entsprechenden Verlinkung. Insofern empfehlen wir sämtliche Betroffenen eine fachkompetente Beratung im Hinblick auf die Möglichkeit persönlichkeitsrechtsverletzende Inhalte aus der Suchmaschine Google zu entfernen, wobei neben dem zivilrechtlichen Vorgehen auch durch die Empfehlung der Art. 29 Gruppe die Einschaltung des jeweiligen Landesdatenschutzbeauftragten überlegt werden sollte.