OLG Dresden: Amazon Händler haftet nicht für untergeschobene urheberrechtswidrige Produktbilder

Das OLG Dresden hat mit Urteil vom 19. Oktober 2017 in einem Grundsatzverfahren entschieden, dass die Amazon-Händler im Gegensatz zu den wettbewerbsrechtlichen und markenrechtlichen Verletzungshandlungen im Bereich der untergeschobenen Produktbilder nicht für die Urheberrechtsverletzung haften.

In dem von uns betreuten Grundsatzverfahren wurde ein Amazon-Händler für Kraftfahrzeugteile wegen 4 Angeboten in Anspruch genommen, in denen jeweils urheberrechtswidrige freigestellte Felgenbilder enthalten waren, an denen die Klägerin die Nutzungsrechte besaß.

Der verklagte Amazon-Händler hatte als erstes Unternehmen auf dem Amazon-Server die zu verkaufenden Felgen mittels der sogenannten Produktidentifikationsnummern (ASIN) angelegt und hierzu eigen Produktbilder aufgespielt. Nach der Anlage der ASINs wurden ohne seine Kenntnis von einem französischen Unternehmen weitere Produktbilder zu der ASIN eingespielt, an denen das französische Unternehmen nicht die Urheberrechte besaß. Vielmehr lagen die ausschließlichen urheberrechtlichen Nutzungsrechte bei der Klägerin, welche keine Erlaubnis erteilt hatte, diese Fotos auf den Amazon-Server zu stellen.

Das Amazon Prinzip funktioniert so, dass für jeweils ein Produkt eine Produktidentifikationsnummer „ASIN“ auf dem Amazon-Server angelegt wird. Sämtliche Händler, welche dieses Produkt auf der Amazon Plattform anbieten wollen, müssen sich dann zu dieser ASIN registrieren. Sie haben gleichzeitig die Möglichkeit Produktangaben und Produktfotos zu verändern und weitere zu der registrierten ASIN aufzuspielen. Nach der Beweisaufnahme durch die Rechtsabteilung von Amazon steht fest, dass jeder Amazon-Händler, welcher zu einem bestimmten Produkt und der dortigen ASIN registriert ist, von den nachträglichen Änderungen der Produktangaben oder der Aufspielung weiterer Bilder nicht informiert wird. Wenn er dann das konkrete Produkt anbieten möchte, hat er gewisse Möglichkeiten zur freien Auswahl, wie insbesondere die Angaben zum Preis, Lieferkosten und weiteren Produktangaben. Keine Einflussnahmemöglichkeit hat der Händler auf die Auswahl der zu dem anzubietenden Produkt hinterlegten Produktbilder. Hier entscheidet Amazon nach internen und dem Amazon-Händler nicht bekannt gegebenen Auswahlkriterien, welches konkrete Produktbild dem einzelnen Amazon-Angebot des Händlers zugespielt wird.

Im konkreten Streitfall wurden dem Beklagten die 4 urheberrechtswidrigen Bilder zugespielt, welche das französische Unternehmen nachträglich ohne Kenntnis des Beklagten zu den relevanten ASINs aufgespielt hatte.

Nachdem das Landgericht Leipzig in 1. Instanz den Amazon-Händler noch verurteilt hatte, da er für seine Angebote im Außenverhältnis mit den dort enthaltenen urheberrechtswidrigen Produktbildern verantwortlich sei, kassierte das Oberlandesgericht Dresden diese Entscheidung im Berufungsverfahren. Im Rahmen des Grundsatzverfahrens betonte der Senat, dass eine Verantwortlichkeit des Amazon-Händlers weder als Täter für die Urheberrechtsverletzung noch als Gehilfe oder Störer für die Rechtsverletzung in Frage komme, da der Amazon-Händler weder bewusst noch gewollt die Urheberrechtsverletzung selbst begangen habe. Vielmehr entscheide Amazon ausschließlich nach eigenen Kriterien, inwieweit ein einzelnes Produktbild von dem Amazon-Server den einzelnen Angeboten zugespielt werde. Eine Mittäterschaft oder eine Haftung des Amazon-Händlers für diese Maßnahme von Amazon selbst scheide mangels Einflussnahmemöglichkeit des Amazon-Händlers auf Amazon aus. Auch komme eine Haftung als Störer entgegen der sonstigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Markenrechtsverletzungen und Wettbewerbsverletzungen hier nicht in Frage, da eine zumutbare Überprüfungsmöglichkeit der Urheberrechtsverletzung durch den Amazon-Händler ausscheide. Hier könne dieser selbst im Falle der Überprüfung seines Angebots mit dem eingespielten freigestellten Felgenbild nicht mit vertretbarem Aufwand erkennen, dass es sich hier um nicht sein eigenes Foto handele, sondern ein urheberrechtswidriges Foto eines Dritten.

Fazit:

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Dresden ist inhaltlich zutreffend und in vollem Umfang zu begrüßen. Die Entscheidungsgründe sind maßgeblich von Wertungsgesichtspunkten getragen, wobei auch im Zuge der Beweisaufnahme feststeht, dass eine Einflussnahmemöglichkeit des einzelnen Amazon-Händlers auf die Auswahl etwaiger Produktbilder in seinen Angeboten nicht besteht und auch keine Information seitens Amazon darüber vorgenommen wird, dass nicht eigene von dem Amazon-Händler aufgespielten Produktbildern seinen Angeboten zugespielt werden. Vor diesem Hintergrund ist es inhaltlich zutreffend eine Haftung als Täter einer Urheberrechtsverletzung zu verneinen, da die eigentliche Tathandlung in Form des Aufspielens auf den Amazon-Server nicht von dem in Anspruch genommenen Amazon-Händler zu verantworten ist. Die Veröffentlichung des urheberrechtswidrigen Bildes im Rahmen des Angebots ist nicht auf eine bewusste Entscheidung des Amazon-Händlers zurückzuführen, da ausschließlich Amazon über die Auswahl und Zuspielung des konkreten Produktbildes entscheidet. Insofern spielt es auch keine Rolle, wie der angesprochene Verkehr das Angebot selbst wahrnimmt, da im Urheberrecht im Gegensatz zum Marken- und Wettbewerbsrecht ausschließlich an die rechtsverletzende Handlung der Veröffentlichung im Internet anzuknüpfen ist und diese nur dann bejaht wird, wenn die Auswahl des zu veröffentlichen Produktbildes im Machtbereich des Amazon-Händlers liegt. Insofern ist es auch konsequent im Bereich des Unterschiebens von urheberrechtswidrigen Produktbildern eine andere Wertung vorzunehmen als bei Wettbewerbsrechtsverletzungen wie beispielsweise der Zuspielung einer unrichtigen unverbindlichen Preisempfehlungsliste durch Amazon oder der nachträglichen Änderung einer markenrechtlich geschützten Produktbezeichnung im Bereich des Markenrechts, welches bei einer Überprüfung des Angebotes durch den Amazon-Händler leicht feststellbar sind.

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