Feuerring genießt Urheberrechtsschutz – das Ende aller Grills mit einer runden Schale aus Stahl und einer horizontalen Grillfläche in Deutschland?

 Das Schweizer Bundesgericht hat mit Urteil 17.06.2022 dem von Herrn Andreas Reichlin geschaffenen Grill unter der Bezeichnung „Feuerring“ urheberrechtlichen Schutz bestätigt. Hierbei hat sich das Gericht auf das Jahr 2009 und das Modell „D“ des Feuerrings bezogen und ausdrücklich die Fragen offengelassen, ob in Bezug auf die anderen und weiteren Entwicklungen des Feuerrings ein Gesamtwerk vorliege.

In dem zugrundeliegenden Rechtsstreit ging Herr Andreas Reichlin als Kläger gegen verschiedene aus seiner Sicht existierenden Nachahmungen von unterschiedlichen Grills vor. Herr Reichlin ist Bildhauer und Stahlplastiker und hat den sogenannten „Feuerring“ entworfen. Das Ursprungsmodell ist der „Feuerring D“, welches auf das Jahr 2009 zurückzuführen ist.

Aus diesem Modell hat Herr Reichlin weitere Varianten entwickelt, welche sich durch ein anderes Verhältnis von Außendurchmesser zur Höhe des Feuerrings auszeichnen. Bei dem Ursprungsmodell „D“ liegt das Verhältnis von Außendurchmesser zur Höhe in etwa bei 4:1, wobei dieses Verhältnis bei den übrigen Modellen des Feuerrings in einem kleineren Verhältnis zwischen Außendurchmesser und Höhe liegt. Sämtlichen Feuerringen gemeinsam ist, dass es sich um die Gestaltung eines Grills bestehend aus folgenden einzelnen Designmerkmalen handelt:

  • eine massive nach oben geöffnete Stahlschale in Form einer halben Kugel,
  • mit einer Rostoptik,
  • die auf einen wenige Zentimeter hohen, zylinderförmigen Sockel aufliegt, dessen Durchmesser in etwa 1/3 des Durchmessers der Stahlschale entspricht,
  • eine aus einem Stück gefertigten Platte in Edelstahloptik, die bündig abschließend, horizontal mit der Stahlplatte verbunden ist, nach innen abfällt und die kreisförmige Öffnung der Schale begrenzt.

Im Rahmen eines Nachahmungsprozesses ging Herr Reichling gegen verschiedene Nachahmungen vor. Hierbei handelt es sich insgesamt um 6 unterschiedliche Grillmodelle. Die Beklagte ist ein Handelsunternehmen, welches sich mit dem Vertrieb von exklusiven Designermöbeln und Zubehör für den Inn- und Außenbereich beschäftigt, wobei neben dem Vertriebsunternehmen auch der Entwickler der angegriffenen Grills und Inhaber von verschiedenen Internetdomains, wie u. a. www.feuerundring.ch Gegenstand des Verfahrens war. Die Klage wurde bei dem Handelsgericht des Kantons Aargau eingereicht. Dieses Gericht hielt mit Urteil vom 03.08.2021 3 der 6 angegriffenen Grills für urheberechtswidrig und bestätigte den Urheberrechtsschutz des Feuerrings „D“, welche nach Ansicht des Gerichts im Jahr 2009 von Herrn Reichling geschaffen wurde.

Das Verbot von angegriffenen Modellen wurde damit begründet, dass die Formensprache des urheberrechtlichen Schutzes des Feuerrings „D“ übernommen werde. In Bezug auf die anderen Modelle wies das Gericht die Klage ab, da diese Modelle außerhalb des Schutzbereichs des Urheberrechtsschutzes des Feuerrings liegen, da sich deren Gesamteindruck aufgrund der Kombination von Kugelhaube und Hohlzylinder eindeutig von Feuerring unterscheiden würden.

Beide Parteien legen gegen das Urteil Revision zum Schweizer Bundesgericht ein. Dieses bestätigte letztendlich die Entscheidung des Instanzgerichts und bejahte den Urheberrechtsschutz des Feuerrings.

Es stellte eine individuelle geistige Schöpfung fest und verneinte die Argumente der Beklagten. So liege keine bloße Banalität vor, bei der lediglich vorbekannte Formen kombiniert werden, um ein neues Produkt zu schaffen. Das Bundesgericht stellte vielmehr fest, dass der Feuerring als künstlerische Gestaltung sich eindeutig von dem vorbekannten Formenschatz für Grills abhebe und als etwas Einzigartiges wahrgenommen werde, was in der Wahl der Form für einen Grill überraschend und ungewöhnlich sei. So trete für den Betrachter ein Überraschungseffekt dahingehend auf, dass er auf den ersten Blick bei dem Feuerring keinen Grill erkenne, sondern lediglich ein künstlerisches Objekt. Erst bei genauem Hinsehen zeige sich, dass dieses als Grill ausgestaltet sei. Daher sei der Feuerring als Werk der angewandten Kunst urheberrechtlich geschützt, da er sich in einer künstlerischen Art und Weise von dem vorbekannten Formenschatz im Grillbereich abhebe. Auch die Tatsache, dass dieses Werk eine technische Funktion besitze, ändere an dem Urheberrechtsschutz nichts. Zu guter Letzt seien auch die Entgegenhaltungen aus dem vorbekannten Formenschatz von bereits existierenden Grills zum Zeitpunkt der Schaffung des Urmodells des Feuerrings im Jahr 2009 nicht geeignet, den Urheberrechtsschutz zu verneinen.

Das Bundesgericht ging im Rahmen des Verfahrens von einem geringen Schutzbereich aus und ließ ausdrücklich die Frage offen, ob der Feuerring in seinen Gesamtmodellen ein Gesamtwerk darstelle. Dies hatte Herr Reichling noch behauptet, da für jedes weitere Modell des Feuerrings ein eigener Urheberrechtsschutz als Weiterentwicklung nach seiner Ansicht begründet sei. Sowohl das Instanzgericht, als auch der Bundesgerichtshof ließen diese Frage eines möglichen Gesamtwerks offen und verurteilten die Beklagten ausschließlich aus einer Urheberrechtsverletzung des Feuerrings „D“ als Urmodell. Hierzu reichte den Gerichten die Feststellung eines engen Schutzumfanges.

Hinsichtlich der abgewiesenen Klage war nach Ansicht der Gerichte entscheidend, dass auf den Produktfotografien eine klare vertikale Außenlinie zwischen der runden Stahlschale und der Ringfläche erkennbar war. Hierdurch liege ein komplett anderer Gesamteindruck im Vergleich zu der horizontalen Ringfläche aus Stahl und der runden Stahlschale des Feuerrings vor.

Fazit:

Die Rechtsanwälte von Herrn Reichling feiern das Urteil des Bundesgerichts als Meilenstein, wobei sie auch auf Instanzrechtsprechung aus Deutschland zu dem Urheberrechtsschutz des Feuerrings Bezug nehmen. Insofern ist die Frage, ob sich Hersteller und Händler von Grills mit halbrunden nach oben genöffneten Schalen aus Stahl und einem Ring Gedanken machen müssen, ob ihre Produkte in Zukunft angegriffen und verboten werden könnten.

Nach meiner Ansicht ist das Risiko in Deutschland durchaus gegeben, wobei zum gegenwärtigen Zeitpunkt bis auf 2 einstweilige Verfügungsverfahren gegen Handelsunternehmen kein Hauptsacheurteil eines deutschen Gerichts vorliegt, welches sich mit einer ausführlichen Bewertung des urheberrechtlichen Schutzes des Feuerrings beschäftigt. Hierbei wären dann die offenen Fragen zu klären, zu welchem Zeitpunkt ein etwaiger urheberrechtlicher Schutz bezüglich welches Modells vorliegt. So hatte das Bundesgericht diese Frage noch ausdrücklich offengelassen und sich lediglich auf das Ursprungsmodell „D“ des Feuerrings bezogen. Die Weiterentwicklung hinsichtlich der anderen Modelle des Feuerrings sollen nach Ansicht von Herrn Reichling ebenfalls eigenen urheberrechtlichen Schutz begründen, was dann in jedem Fall geklärt werden müsste. Bei einer Unterstellung eines geringen Schutzbereichs, wie es das Bundesgericht vorgenommen hat, dürften diese Fragen schwierig zu beantworten sein. Sollte man einen urheberrechtlichen Schutz bejahten, spricht vieles dafür, dass der Schutzbereich extrem eng zu fassen ist und auch nahezu identische Übernahmen der Formen durch nachgeahmte Grills begrenzt werden müsste.

Außerdem ist anerkannt, dass der urheberrechtliche Schutz nur soweit reicht, wie die persönliche geistige Leistung des Urhebers gegeben ist. Der Urheber genießt daher nur Schutz in Bezug auf die individuellen, durch ihn selbst geprägten Werkelemente. Nur wenn sich diese in der Nachahmung wiederfinden, kann von einer urheberrechtswidrigen Handlung gesprochen werden. Das bloße Erinnern der Nachahmung an das Original reicht nicht aus, wenn hier lediglich Assoziationen erweckt werden und sich diese an vorbekannten Formenschatz orientieren. Insofern dürfte es schwierig sein, Grills  zu verbieten, bei denen eine Halbkugel aus Stahl als Grillkörper dient, auf welcher horizontal ein breiter Ring aufliegt, der die kreisrunde Öffnung der Halbkugel begrenzt. Sollte dies verboten werden, würde es faktisch auf eine Monopolisierung einer geometrischen Grundform für eine Halbkugel hinauslaufen und den urheberrechtlichen Schutz völlig losgelöst von den individuellen und den Feuerring prägenden Werkelementen bejahen.

Daher sind in jedem Fall noch zahlreiche offene Fragen rund um den urheberrechtlichen Schutz und den Schutzumfang zu dem Feuerring von Herrn Reichling nicht beantwortet. Ausgehend hiervon besteht zwar ein erhebliches Risiko hinsichtlich des Vertriebs von Grills mit den vorstehenden Designmerkmalen, allerdings ist auch diesbezüglich noch längst nicht aller Tage Abend.

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