Der EuGH hat laut Pressemitteilung vom 29.07.2019 den lang erwarteten Rechtsstreit über die Verantwortlichkeiten der Webseitenbetreiber für die Einbindung des Facebook-Like-Buttons entschieden und eine Mitverantwortlichkeit des Webseitenbetreibers für die Datenerhebung und Weitergabe der durch die Einbindung des Like-Buttons auf der Webseite erhobenen Daten an Facebook bejaht.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt liegt lediglich die Presseerklärung des EuGH vor. Hiernach hat der EuGH im Nachgang der erstinstanzlichen Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf vom 09.03.2006 nun eine Entscheidung über die Verantwortlichkeit für die Einbindung des Facebook-Like-Buttons auf einer Webseite für den Webseitenbetreiber bejaht. Im Kern geht es bei dem fast vier Jahre andauernden Rechtsstreit um die Frage der Verantwortlichkeit eines Webseitenbetreibers für die Einbindung des Facebook-Like-Buttons auf seiner Internetseite. Im konkreten Fall wurde der Button auf der Webseite der zu Peek & Cloppenburg gehörenden Online-Händler eingebunden. Im Rahmen des von der Verbraucherzentrale in NRW angestrebten Verfahrens stellte sich heraus, dass durch die Einbindung des Like-Buttons ohne Kenntnis und Information des Webseitenbesuchers Daten erhoben und an Facebook übermittelt werden. Dies galt sowohl für Webseitenbesucher, welche einen eigenen Account auf Facebook besitzen als auch für solche ohne Facebook-Account.
Laut der Presseerklärung vertritt der EuGH die Ansicht, dass der Webseitenbetreiber für die eigentlichen Datenverarbeitungsvorgänge der an Facebook übermittelten Daten nicht verantwortlich gemacht werden könne, da der notwendige Einfluss auf die Zwecke und Mittel dieser Datenverarbeitungsvorgänge nicht existiere. Hingegen bestehe eine Verantwortlichkeit der Webseitenbetreiberin für die erstmalige Erhebung und Weiterleitung der Daten des Webseitenbesuchers auf der eigenen Webseite an Facebook.
In diesem Zusammenhang muss das OLG Düsseldorf nach der Rückverweisung des Rechtsstreits noch klären, ob tatsächlich eine Einflussnahme des Webseitenbetreibers über eine gemeinsame Entscheidung Zweck und Mittel der diesbezüglichen Datenerhebung und Datenübertragung zusammen mit Facebook vorliege. Nach Ansicht des EuGH scheint dies gleichwohl möglich, da die Einbindung des Facebook-Buttons auf der Webseite mit der Darstellung der entsprechenden Likes im Rahme des Facebook-Profils des Webseitenbetreiber für eine verbesserte Bewerbung der Produkte des Webseitenbetreibers relevant sein könne und ihm so einen wirtschaftlichen Vorteil erbringe, welcher eine gemeinsame Verantwortlichkeit auch im Zusammenhang mit dem wirtschaftlichen Nutzen neben Facebook begründen könne. Damit ein solcher wirtschaftlicher Vorteil durch die verbesserte Werbung entstehe, könne insofern mit der Einbindung des Like-Buttons auf der Webseite des Webseitenbetreibers eine stillschweigende Einwilligung zur Erhebung und Weitergabe dieser Daten an Facebook vorliegen. Insofern könnte eine Mitverantwortlichkeit im Zuge der Datenerhebung und Weitergabe der Daten an Facebook in Form der Einbindung des Like-Buttons des Webseitenbetreibers in Frage kommen.
In Bezug auf die Zulässigkeit erklärt der EuGH, dass er jeder Parallelinformation über die Vorgänge in der Datenschutzerklärung des Webseitenbetreibers folgen müsse. Hinsichtlich der Rechtsgrundlagen erklärt der EuGH in seiner Pressemitteilung, dass die Einwilligung als Rechtsgrundlage nur für den Teil notwendig sei, für welchen der Webseitenbetreiber die Mitverantwortlichkeit trage. Dies ist nach den Ausführungen in der Presseerklärung ausschließlich das Erheben und Übermitteln der Daten des Webseitenbesuchers an Facebook.
Soweit auf die Rechtsgrundlage zum berechtigten Interesses abgestellt wird, fordert der EuGH das Vorliegen des berechtigten Interesses sowohl auf Seiten des Webseitenbetreibers als auch auf Seiten des Anbieters des Social-Plugins, mithin auf Seiten von Facebook.
Fazit:
Der EuGH hat den jahrelangen Rechtsstreit um die Verantwortlichkeit für datenschutzrelevante Beendigungen und Übermittlungen von Daten der Webseitenbesucher an einen Social-Mediabetreiber noch nicht endgültig entschieden. Der vorliegende Rechtsstreit wird an das OLG Düsseldorf mit der Vorgabe der weiteren Sachverhaltsaufklärung zurückverwiesen, insbesondere rund um die wirtschaftlichen Interessen des Webseitenbetreibers im Rahmen der Einbindung des Like-Buttons.
Nichts desto trotz lassen die Ausführungen in der Presseerklärung einen deutlichen Vergleich zur Fanpage-Entscheidung des EuGH vom 05.06.2018 erahnen. Auch in der dortigen Entscheidung hat der EuGH den Fanpage-Betreiber nicht für die eigentliche Datenverarbeitung als verantwortlich angesehen, gleichwohl für die erste Phase der Erhebung der Daten. In diesem Zusammenhang bejaht der EuGH in der Fanpage-Entscheidung die gemeinsame Verantwortlichkeit mit dem tatsächlichen Nutzen des Fanpage-Betreibers in Bezug auf die personalisierte und optimierte Werbemöglichkeit. Auch hier erfolgte nunmehr ein klares Indiz in Bezug auf die mögliche Mitverantwortlichkeit aufgrund der Sichtbarwerdung der Likes im Rahmen des Facebook-Accounts des Webseitenbetreibers mit den wirtschaftlichen Vorteilen in Bezug auf die Optimierung seiner Werbung.
Insofern liegt es nahe auch den Nutzer des Like-Buttons für die Einbindung als Mitverantwortlichen neben dem Plugin-Anbieter anzusehen. Die Folge wäre die Notwendigkeit des Abschlusses einer vertraglichen Vereinbarung zwischen dem Webseitenbetreiber und Facebook ähnlich zu dem bereits von Facebook für die Fanpage entworfenen Addendum. Des Weiteren wäre eine ergänzende Datenschutzerklärung in Bezug auf Informationspflichten über die gemeinsame Verantwortlichkeit für den Webseitenbetreiber notwendig.
Die darüber hinaus eigentlich interessante Frage der Rechtsgrundlage ist nach den Ausführungen des EuGH in der Presseerklärung nach wie vor offen. So kann durchaus neben der Einwilligung auch noch das berechtigte Interesse an Direktmarkting-Maßnahmen eine Rolle spielen, wenn wie der BGH ausführt, sowohl Facebook als auch der Webseitenbetreiber ein berechtigtes Interesse darlegen können. In beiden Fällen bestehen gleichwohl ähnliche Probleme wie bei der Einholung einer wirksamen Einwilligung.
So ist nach der ständigen Rechtsprechung eine Einwilligung nur dann möglich, wenn der Einwilligende die zugrundeliegenden Tatsachen kennt, was insbesondere in der vorliegenden Fallgestaltung die konkrete Art und Weise der Erhebung der einzelnen Daten und die spätere Übermittlung betrifft. Hier besteht nach wie vor das Hauptproblem darin, dass eine detaillierte Kenntnis des Webseitenbetreibers von den von Facebook im Rahmen der Einbindung des Like-Buttons erhobenen Daten immer noch nicht existiert. Insofern ist weder eine ausreichende Information möglich, welche den Vorgaben einer wirksamen Einwilligung entspricht noch eine ausreichende Information über eine Widerspruchsbelehrung bei einem berechtigten Interesse (opt-out). Diese Probleme lassen sich meiner Ansicht nach nur dadurch lösen, dass Facebook seine bislang restriktive Strategie im Zusammenhang mit dem Verschweigen der konkreten erhobenen Daten aufgibt, um so dem Webseitenbetreiber die Möglichkeit gibt, eine ausreichende Information und damit eine rechtssichere Einwilligung einzuholen oder im Rahmen des berechtigten Interesses über einen Widerspruch zu belehren. Solange dies noch nicht umgesetzt ist, bleibt ein erhebliches Risiko.