Haftungserweiterung der Eltern bei Filesharing-Fällen?
Das OLG München hat mit Urteil vom 14. Januar 2016 entschieden, dass bei einer unstreitigen Urheberrechtsverletzung durch die Teilnahme an einer Internettauschbörse im Wege des sogenannten Filesharing der Anschlussinhaber auch den Namen seines volljährigen Kindes im Rahmen einer rechtlichen Auseinandersetzung anzugeben hat, wenn er Kenntnis von dessen Urheberrechtsverletzung.
Das Zurückziehen auf die bloße Behauptung, der Anschlussinhaber respektive seine Frau hätte zur streitgegenständlichen Zeit die Urheberverletzung nicht begangen und der gleichzeitige Hinweis auf 3 volljährige im Haushalt lebende Kinder, wobei der Anschlussinhaber nach eigenen Ausführungen wisse, welches dieser Kinder für die Rechtsverletzung verantwortlich sei, genügt nach zutreffender Ansicht des OLG München nicht den Anforderungen an die Darlegungslast im Falle einer unstreitig vorliegenden Urheberverletzung im Wege des Filesharings. In dieser Fallgestaltung ist es vielmehr der Anschlussinhaber gezwungen, den vollständigen Namen seines volljährigen Kindes zu benennen, welches die Urheberrechtsverletzung begangen hat. Ein Zurückziehen auf den grundrechtlich abgesicherten Schutz der Familie, komme im Rahmen der Abwägung der wechselseitigen Interessen nicht in Frage, da das Urheberrecht ebenfalls über das Grundrecht der Eigentumsgewährleistung abgesichert sei und die Verweigerung der Bekanntgabe des Namens hier einem Missbrauch Tür und Tor öffnen würden. Das OLG München hat die Revision zu dieser noch nicht höchstrichterlich abgeklärten Rechtsfrage zugelassen.
Im Rahmen der Entscheidung BearShare zur Haftung des Anschlussinhabers für ein rechtswidriges Verhalten seines volljährigen Stiefsohnes hat der BGH betont, dass bei der Überlassung eines Internetanschlusses an volljährige Familienangehörige und volljährige Kinder diese für ihre Handlungen grundsätzlich selbst verantwortlich sind und im Blick auf das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Familienangehörigen der Anschlussinhaber einem volljährigen Familienangehörigen seinen Internetanschluss überlassen könne, ohne diesen belehren oder überwachen zu müssen. Erst wenn der Anschlussinhaber – etwa aufgrund einer urheberrechtlichen Abmahnung – konkreten Anlass für die Befürchtung hat, dass der volljährige Familienangehörige den Internetanschluss für Rechtsverletzungen missbraucht, habe er die zur Verhinderung von Rechtsverletzungen erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Da der Anschlussinhaber im dortigen Verfahren keine Anhaltspunkte dafür hatte, dass sein volljähriger Stiefsohn den Internetanschluss zur rechtswidrigen Teilnahme an Tauschbörsen missbrauchte, hafte er selbst auch dann nicht auf Unterlassung, wenn er ihn nicht oder nicht hinreichend über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Tauschbörsen belehrt haben sollte. Feststellungen zur Frage des Umfangs der Auskunft waren hier nicht nötig.
Das OLG München hat zwar die Büchse der Pandora geöffnet, allerdings ist der vorliegende Fall durch die mitgeteilte Kenntnis des in Anspruch genommenen Anschlussinhabers von der Rechtsverletzung durch sein volljähriges Kind ein Spezialfall. Die interessantere Frage ist vielmehr, ob auch im Falle der Unkenntnis der Anschlussinhaber die vollständigen Namen der Familienmitglieder angeben muss, die seinen Anschluss regelmäßig nutzen, um seinen Darlegungslast zu genügen. Hiernach muss er vortragen, ob und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter in Betracht kommen, wobei er im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung seiner Kenntnisse verpflichtet ist. Insofern bleibt abzuwarten, ob der BGH im Fall der Revision über den konkreten Fall hinaus Ausführungen zum Umfang der Auskünfte über Familienangehörige macht, die Zugriff auf das Netz des Anschlussinhabers haben.