OLG Düsseldorf: Neue Anforderungen an Vergabe von Gütesiegeln

Das OLG Düsseldorf hat mit Urteil vom 23.08.2018 entschieden, dass die Vergabe eines Gütesiegels durch einen Industrieverband nicht wettbewerbswidrig ist, da ein Gütesiegel entgegen der früheren Ansicht nicht mehr von einer objektiven und neutralen Stelle wie von dem RAL Deutsches Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung e.V. vergeben werden müsse.

Gegenstand des Streits war ein Gütesiegel, welches ein Industrieverband im Bereich der Kleb- und Dichtstoffen vergeben hat. Die Vergabe des Gütesiegels wurde von dem Industrieverband von eigens erstellten Güterichtlinien abhängig gemacht.

Die Klägerin beanstandet die Vergabe des Gütesiegel als irreführend, weil keine objektive und neutrale Stelle wie die RAL Deutsches Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung e.V. (RAL) die Anforderungen für die Vergabe des Gütesiegels erlassen habe. Dies werde nach wie vor für den angesprochenen Verkehr erwartet. Da die Vergabe nicht durch eine neutrale Stelle mit einem verbürgten Mindeststandard erfolgt sei, liege dementsprechend eine Fehlvorstellung der angesprochenen Käufer der Fugendichtstoffe vor.

Dieser Ansicht erteilte das Landgericht Düsseldorf eine Absage. Der Senat stellte fest, dass die hohen Anforderungen der älteren Rechtsprechung an die Vergabe von Gütesiegeln im Sinne der RAL-Grundsätze oder einem gleichgestellten Verfahren mit dem Inkrafttreten der Unionsmarkenverordnung und der Einführung einer Unionsgewährleistungsmarke nicht mehr aufrechterhalten werden könnten. So übernehme die Gewährleistungsmarke, welche seit Oktober 2017 durch Änderung der Unionsmarkenverordnung eingetragen werden könne, die hohen Anforderungen der Funktion der älteren Rechtsprechung an Gütesiegel. Die Gewährleistungsmarke gewähre für den Inhaber eine bestimmte Qualität und unterscheide diese von anderen Waren, für welche keine derartige Gewährleistung bestünde. Demzufolge reiche es für das Gütesiegel aus, wenn die Kriterien einer Unionsgewährleistungsmarke erfüllt werden, die deutlich geringer seien, als die Anforderungen der älteren Rechtsprechungen an die Vergabe von Gütesiegeln nach den RAL-Grundsätzen.

Diese Kriterien erfülle das von dem Industrieverband angegriffene Gütesiegel. So sei es geeignet, auf die Qualität der mit dem Gütesiegel vertriebenen Waren hinzuweisen. Die Vergabekriterien seien durch die Vergebenen öffentlich gemacht worden. Darüber hinaus findet eine hinreichende Prüfung statt. Demzufolge liege auch keine Fehlvorstellung des angesprochenen Verkehrs in Bezug auf die verbürgten Qualitäts- und Prüfungsvoraussetzungen bei der Vergabe des Prüfsiegels vor.

Fazit:

Mit der Entscheidung betritt das OLG Düsseldorf Neuland. In den letzten Jahren erfolgte keine Auseinandersetzung in der Rechtsprechung mit den Verkehrserwartungen und der Vergabekriterien an Gütesiegeln. Das OLG Düsseldorf zitiert die ältere Rechtsprechung des BGH, um sich letztendlich hiervon zu distanzieren und lässt die Revision zum BGH zu. Dementsprechend sollte zum gegenwärtigen Zeitpunkt bei der Vergabe von Gütesiegeln von Interessenvereinigungen und –verbänden nach wie vor Vorsicht geboten sein und abgewartet werden, ob die Entscheidung rechtskräftig wird oder der BGH seine ältere Rechtsprechung bestätigt oder neue Anforderungen wie es das OLG Düsseldorf vorgenommen hat an die Vergabe von Gütesiegeln stellt.

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