Das OLG Köln hat mit Urteil vom 19. Juni 2015 Amazon verurteilt, Angebote bei eigenen Verkäufen einzustellen, ohne den tatsächlichen Grundpreis hierfür anzugeben.
Im Streit stand neben der mangelnden Kennzeichnung einer Damenbluse mit der Bezeichnung und den Gewichtsanteilen der einzelnen Fasern auf Basis der Textilkennzeichnungsverordnung ein Angebot von Amazon eines Teppichreinigers und eines Multiöls, bei denen aufgrund einer fehlerhaften Datenübermittlung die Angabe des Grundpreises komplett fehlte. Hiergegen ging ein Verbraucherverband gerichtlich vor.
Amazon verteidigte sich damit, dass die fehlerhafte technische Übermittlung ein „Ausreißer“ sei, für den Amazon nicht zu haften hätte. Darüber hinaus seien die Angebote nur für einen äußerst kurzen Zeitraum online gestellt gewesen, so dass auch ein etwaiger Verstoß nicht wettbewerbsrechtlich relevant sei. Im Übrigen sei die zu Grunde liegende Regelung der deutschen Preisangabenverordnung, welche die Grundpreisangabe in unmittelbarer räumlicher Nähe zu dem Gesamtpreis fordere, europarechtswidrig, da in der maßgeblichen Preisangabenrichtlinie die unmittelbare Nähe zum Gesamtpreis fehle.
Das OLG Köln wies die Argumentation insgesamt zurück und verurteilte Amazon antragsgemäß zur Unterlassung. Im Rahmen der Begründung machte der Senat deutlich, dass in dem Bereich der Unterlassung auch für technisch fehlerhafte Vorgänge gehaftet werden müsse. Die so genannte „Ausreißer-Thematik“ greife grundsätzlich nur in dem Bereich der verschuldensabhängigen Ansprüche, zu denen der Unterlassungsanspruch nicht gehöre.
Auch die Sondersituationen der „Ausreißer-Rechtsprechung“ zum Bereich der mangelnden Bevorratung eines werblich herausgestellten Artikels sei nicht vergleichbar, wenn es wie in der vorliegenden Situation um eine gesetzliche Informationspflicht gegenüber dem Endverbraucher gehe. Eine Bagatelle komme nicht zum Tragen, da ein Verstoß gegen gesetzlich vorgeschriebene Informationspflichten gegenüber dem Verbraucher stets relevant sind. Im Übrigen sei die deutsche Preisangabenverordnung im Hinblick auf den Grundpreis bereits dahingehend auszulegen, dass allenfalls die unmittelbare räumliche Nähe zum Gesamtpreis nicht mehr erforderlich sei, gleichwohl der Grundpreis stets im Angebot anzugeben sei.
Fazit:
Die Entscheidung des OLG Köln ist grundsätzlich zu begrüßen und sorgt für Rechtsklarheit in dem Bereich der Grundpreisangaben. Der Senat folge hier der in der Literatur herausgearbeiteten Ansicht, dass auch nach dem Ende der Übergangsfrist, in welchem national strengere Vorschriften im Vergleich zur Preisangabenrichtlinie möglich waren, eine Europarechtswidrigkeit der gesamten Grundpreisangabenverpflichtung nicht besteht, sondern vielmehr die Norm europarechtskonform auf der Basis der Preisangabenrichtlinie auszulegen ist.
Hierbei ist eine Grundpreisangabe grundsätzlich vorgegeben, lediglich die im deutschen Recht in § 2 der Preisangabenverordnung vorgesehene unmittelbare räumliche Nähe „zum Gesamtpreis“ ist insofern nicht mehr mit den europäischen Vorgaben in Einklang zu bringen und daher unmaßgeblich. Nichts desto trotz ist der Grundpreis im Rahmen des Angebotes neben dem Gesamtpreis auch weiterhin stets anzugeben.
Darüber hinaus betont der Senat, dass auch nach der letzten UWG-Reform 2015 das Fehlen der gesetzlich vorgeschriebenen Informationspflichten gegenüber dem Endverbraucher stetes wettbewerbsrechtlich relevant ist und in diesen Fallgestaltungen auch bei nur kurzen Einblendungen von Angeboten gegenüber Endverbrauchern nicht mit der Bagatelle und der mangelnden wettbewerbsrechtlichen Relevanz argumentiert werden kann.