Der BGH hat mit Urteil vom 09. Juli 2015 entschieden, dass die Kennzeichnungsverpflichtungen für Elektro- und Elektronikgesetze nach § 7 S. 1 ElektroG eine wettbewerbsschützende Regelung beinhalten und nur dann rechtmäßig vorhanden sind, wenn die jeweilige Kennzeichnung nicht objektiv leicht und ohne großes Risiko zu entfernen ist und aus Sicht des angesprochenen Verwenders nicht als störend empfunden wird.
In dem zu Grunde liegenden Verfahren ging es um einen Streit zwischen zwei Wettbewerbern, welche über die Internetplattform Ebay Elektronikwaren vertreiben. Nach Abgabe ei-ner strafbewehrten Unterlassungserklärung der Beklagten, keine Kopfhörer für MP3 Player und MP4 Player mehr in den Verkehr zu bringen, ohne das auf dem Produkt das Datum des erstmaligen Inverkehrbringens sowie die Herstellerinformationen fehlen, unternahm die Klägerin zwei Testkäufe. Hierbei stellte sie fest, dass die Beklagte nunmehr Kopfhörer anbot, welche die Informationen zum erstmaligen Datum des Inverkehrbringens sowie des Herstellers auf einem Fähnchen enthielten, welches um das Kabel des Kopfhörers verklebt war. Die Klägerin erhob hierauf hin eine Unterlassungs- und Zahlungsklage wegen des Verstoßes gegen die Unterlassungserklärung sowie die Kennzeichnungsverpflichtung des § 7 ElektroG mit der Begründung, dass die notwenigen Informationen auf dem Klebefähnchen nicht geeignet seien, den gesetzlichen Vorgaben einer dauerhaften Kennzeichnung zu entsprechen. Darüber hinaus verlangte sie eine Vertragsstrafe sowie eine Kostenerstattung für die Abmahnung.
Nachdem das Landgericht die Klage noch abgewiesen hatte, verurteilte das Oberlandesgericht Celle zur Unterlassung mit der Begründung, dass die Anbringung der notwendigen Informationspflichten über das Datum des Inverkehrbringens sowie der Herstellerangaben auf einem Klebefähnchen an dem Kabel des Kopfhörers keine geeignete und dauerhafte Kennzeichnung sein, da sie ohne weiteres leicht und ohne Beschädigung der Kabel abge-schnitten würden. Ein solches Vorgehen sei auch höchst wahrscheinlich, da aus Sicht des Senates die Klebefähnchen am Kabel als störend empfunden würden. Des Weiteren erkannte der Senat die Verwirkung einer Vertragsstrafe zu und verurteilte in Bezug auf die Abmahn-kosten die Beklagte nicht auf den geforderten Zahlungsanspruch sondern nur im Hinblick auf einen Freistellungsanspruch.
Der BGH bestätigte im Ergebnis die Entscheidung des OLG Celle. Er machte im Rahmen der Urteilsgründe deutlich, dass die Informationspflichten nach § 7 S. 1 ElektroG über das Da-tum des erstmaligen Inverkehrbringens und über die Herstellerangaben auch den Schutz der Mitbewerber bezwecken, da es hier um die Vermeidung von Entsorgungskosten durch die Herstellergemeinschaft gehe, wenn der entsprechende Hersteller des Elektro oder Elektro-nikproduktes nicht mehr identifiziert werden kann. Dies gelte unabhängig von der Wahl der
jeweiligen Hersteller in Bezug auf die Berechnung der abfallrechtlichen Entsorgungskosten nach der individuell festzustellenden Rücklaufmenge der zu entsorgenden Altgeräte oder dem Anteil der in den Verkehr gebrachten Menge an Neuprodukten
Darüber hinaus bestätigt der Senat die Rechtsansicht in Bezug auf die dauerhafte Kennzeichnung am Kabel selbst. Zwar sei eine Kennzeichnung grundsätzlich auch an dem Kabel als Funktionsteil möglich, allerdings habe das OLG in dem konkreten Sachverhalt durch Inaugenscheinnahme festgestellt, dass die Klebefähnchen so stark als störend empfunden würden, dass die entsprechenden Käufer diese in jedem Fall versuchten, zu entfernen. In der vorliegenden Gestaltung war das Klebefähnchen auch ohne weiteres durch ein leichtes Ab-reisen oder einen Schnitt mit einer Schere von dem Produkt zu entfernen, so dass die Kombination aus der leichten Entfernbarkeit des Fähnchens auf der einen und der als störend empfundenen Anbringung des Fähnchens auf der anderen Seite ausschlaggebend waren, um die mangelnde Dauerhaftigkeit der so vorgenommenen Kennzeichnung zu verneinen. Im Übrigen bestätigte der BGH die Verurteilung zu einer Vertragsstrafe und hob lediglich die Entscheidung in Bezug auf den Freistellungsanspruch auf und verurteilte die Beklagte zur Zahlung der Abmahnkosten.
Fazit:
Die Entscheidung des BGH beseitigt auf den ersten Blick den anhaltenden Streit der verschiedenen Oberlandesgerichte über die Frage des Verstoßes gegen die Kennzeichnungsverpflichtung von § 7 S. 1 ElektroG in Bezug auf die Herstellerangaben. Allerdings wird auf den zweiten Blick deutlich, dass es hier ausschließlich um eine Einzelfallbewertung geht, da die Frage des Mindestmaßes an Unzerstörbarkeit in der vorliegenden Fallgestaltung nicht nur aufgrund der leichten Entfernbarkeit durch Abschneiden der Fahne angenommen wurde, sondern darüber hinaus auch durch die störende Anbringung der Fahne am Kabel des Kopfhörers selbst. Ausdrücklich offen gelassen hat der BGH ebenso wie das OLG die Frage, wie es sich mit einer Fahne verhält, welche so gestaltet ist, dass sie durch den Benutzer nicht als störend empfunden wird. Insofern ist auch diesbezüglich grundsätzlich eine Anbringung der Kennzeichnungsverpflichtungen am Kabel eines Kopfhörers mittels einer Fahne denk-bar, wenn diese so gestaltet wird, dass sie durch den Benutzer als nicht störend empfunden wird. Hier existiert gleichwohl ein hohes Maß an Rechtsunsicherheit. Darüber hinaus bleibt festzuhalten, dass die nach wie vor streitige Frage, ob die fehlende Anbringung des Abfalltonnensymbols nach § 7 S. 2 ElektroG eine abmahnfähige, weil ebenfalls mitbewerberschützende, Norm darstellt, nach wie vor unbeantwortet ist. Insofern empfehlen wir in jedem Fall bei der zukünftigen Gestaltung von entsprechenden Kennzeichnungen Ihrer Produkte einen in Fragen des Wettbewerbsrecht und des Kennzeichnungsrechts erfahrenen Kollegen hinzuzuziehen.