Oberlandesgericht München verpflichtet Werbende zur Angabe der kompletten Firma und des Firmensitzes in der Werbung.
Das Oberlandesgericht München hat mit Urteil vom 31. März 2011 entschieden, dass in jeder Werbung für Produkte unter Angaben von Preisen die gesamte Firma so wie im Handelsregister eingetragen sowie der Firmensitz klar und eindeutig angegeben werden muss. Dies gilt sowohl für Printwerbungen, Werbungen im Internet als auch in TV und Rundfunk.
Grundlage der Entscheidung war eine Klage der Verbraucherzentrale gegen eine Werbung der Supermarktkette Netto, bei welcher verschiedene Lebensmittel in einem bundesweiten Flyer beworben wurden und ohne Angabe der konkreten im Handelsregister eingetragenen Firma sowie des Firmensitzes der Werbende eine kostenlose 0800-er Nummer sowie ein Hinweis auf die Homepage der Werbenden nach dem Hinweis am unteren Rand der Printwerbung „Sie suchen den nächsten Netto-Markt in Ihrer Nähe?“ angebracht war.
Diese Werbung wurde von der Verbraucherzentrale als Täuschung durch Unterlassen der Information über die genaue Firma der Werbenden sowie die Firmenanschrift vor dem Landgericht München I gerügt. Sowohl das Landgericht München I als auch das Oberlandesgericht haben die Rechtsansicht der Verbraucherzentrale bestätigt und die konkrete Werbung unter Verstoß gegen das wettbewerbsrechtliche Irreführungsverbots des § 5a UWG verboten. Hiernach ist es verboten, den Verbraucher in seiner Entscheidung dadurch zu beeinflussen, dass ihm wesentliche Informationen, die für seine geschäftliche Entscheidung von Bedeutung sind, im Rahmen der Werbung vorenthalten werden. Der Senat hat unter Berufung auf die Vermutungswirkung des Gesetzes, welches die Identität und Anschrift des Unternehmers grundsätzlich als wesentlich ansieht, die Werbung verboten. In der Begründung hat er ausgeführt, dass die geforderte Informationspflicht bereits dann eingreift, wenn der Verbraucher aufgrund der konkreten Werbung in der Lage ist, eine geschäftliche Entscheidung zu treffen. Dies gilt immer dann, wenn mit einem Preis geworben und die Eckpunkte des Produkts genauer angegeben werden, da er dann das Produktangebot mit Angeboten anderer Mitbewerber vergleichen kann.
Das Berufen auf die kostenlose Hotline sowie die Internetadresse der Werbenden lies der Senat nicht ausreichen, da der Verbraucher anhand der konkreten Werbung nicht davon ausgehe, dass im Falle eines Anrufs unter der angegebenen Telefonnummer oder bei Aufrufen der angegebenen Internetadresse ausreichende Informationen zum Verantwortlichen für die Werbung erhalte. Ebenso erteilten die Richter der Verteidigung eine Absage, dass am Eingangsbereich des jeweiligen Verkaufsmarktes deutlich sichtbar der vollständige Firmennamen nebst Kontaktadresse angegeben sei. Nach Ansicht des Senates müssen die Informationen zu den Verantwortlichen für die Werbung bereits in der Werbung selbst auf einfache Weise zu erhalten sein, was durch den späteren Besuch eines der entsprechenden Märkte der Werbenden nicht gewährleistet sei.
Fazit:
Die Entscheidung besitzt erhebliche Auswirkungen auf die gesamte Werbebranche. So ist unabhängig von den einzelnen Werbemedium zukünftig nur in dem Falle, in dem lediglich eine Aufmerksamkeitswerbung ohne Preisangabe oder einer allmeinen Imagekampagne gefahren wird, die geforderten Hinweise zur Firma unter Berücksichtigung der Gesellschaftsform sowie des Firmensitzes nicht erforderlich. In allen anderen Fällen – was aus unserer Erfahrung die überwiegende Mehrheit darstellen dürfte – ist in der Werbung selbst ohne Weiteres die Angabe der genauen Firma einschließlich des Firmensitzes erforderlich, um wettbewerbsrechtliche Abmahnungen oder gerichtliche Verfahren zu vermeiden. Hierbei ist das Platzargument des zur Verfügung stehenden Werbeträgers kein Argument, da auch dieser Verteidigung die Münchener Richter eine Absage erteilten. Soweit im Rahmen der konkreten Werbung nicht genügend Platz zur Verfügung steht, ist ein eindeutiger Hinweis vorzunehmen, wo Angaben über den Werbenden sowie seinen Firmensitz erhalten werden können. Hierbei ist zu beachten, dass nach Ansicht des Oberlandesgericht München ein bloßer Verweis auf eine Telefonhotline oder einer Internetadresse nicht ausreichend ist, so dass in diesem Zusammenhang in jeden Fall ein „sprechender Hinweis“ unter Bezugnahme auf Angaben zu der Firma des Werbenden einschließlich seines Firmensitzes notwendig werden.
Insofern erfolgt aus dieser Entscheidung eine neue Herausforderung für die Marketingabteilungen der Unternehmen sowie die Werbeagenturen an die grafische Eingliederung dieser notwendigen Hinweise. Darüber hinaus ist aufgrund der Vorgaben der Entscheidung besondere Sorgfalt bei bundesweiten Werbekampagnen für Franchise-Systeme oder andere vertraglich organisierte Systeme zu machen, bei denen zentral organisiert und einheitlich eine Werbekampagne gefahren wird, obwohl die Mitglieder dieses Systems gesellschaftsrechtlich als eigene Kapitalgesellschaften auftreten. In konsequenter Umsetzung der Vorgaben der Münchener Richter ist die genaue Gesellschaftsform jedes einzelnen Mitgliedes einschließlich seiner Firmenadresse anzugeben oder durch einen deutlich gestalteten sprechenden Hinweis auf eine zentrale und leicht zu erreichende Drittquelle, in der Regel eine Internetadresse anzugeben.
Soweit diesbezüglich Rechtsunsicherheit im Rahmen der Gestaltung der Werbung besteht, empfehlen wir ausdrücklich die Einholung eines Rechtsrats zur Vermeidung von kostenintensiven Abmahnungen.