Das OLG Hamburg hat mit Urteil vom 29.08.2024 entschieden, dass die Überschrift „Wir sind Papst“ urheberrechtlich geschützt ist.
Die Bild-Zeitung als Klägerin hatte im April 2005 bei der Wahl von Joseph Ratzinger in ihrer Zeitung als Headline geschrieben:
„Wir sind Papst“.
Die Beklagte verwendete diesen Text. Dagegen ging die Klägerin vor, da sie in der unerlaubten Übernahme eine Urheberrechtsverletzung sah.
Diese Ansicht bestätigte nun auch das OLG Hamburg und bejahte dien Urheberschutz an der Schlagzeile „Wir sind Papst“ als Sprachwerk.
In der Begründung stellte der Senat auf die geringen Anforderungen zur Bejahung des Urheberschutzes – der sogenannten kleinen Münze – bei Sprachwerken ab und betonte, dass die Klägerin den Gestaltungsspielraum bei der Papstwahl ausgenutzt habe, wobei der Titel der Schlagzeile die damit zusammenhängende Überraschung und Freude der Deutschen im Zusammenhang mit der Wahl eines deutschen Papstes in einer Zeitungs-Titelzeile prägnant zum Ausdruck gebracht habe.
Auch halte der Titel zu den „Wir sind“-Slogans einen deutlichen Abstand ein, insbesondere zu dem Slogan „Wir sind Weltmeister“ anlässlich des Gewinns der Weltmeisterschaft der deutschen Fußballnationalmannschaft der Männer im Jahr 1990.
Bei dem Slogan der Klägerin geht es weniger um Stolz, sondern mehr um eine unschuldige Freude ohne jede Überheblichkeit. Während „Wir sind Weltmeister“ durch „Deutschland ist Weltmeister“ ersetzbar ist, so ist dies bei „Wir sind Papst“ nicht gleichermaßen möglich. „Deutschland ist Papst“ oder „die Deutschen sind Papst“ ist keine inhaltlich zutreffende Aussage. Insofern hält der Slogan „Wir sind Papst“ einen deutlichen Abstand zum Slogan „Wir sind Weltmeister“ ein. Dies gelte gegenüber anderen vorbekannten 3-Worte-„Wir sind“-Slogans wie „Wir sind Kirche“ aus dem Jahr 1961 und „Wir sind das Volk“ aus dem Jahr 1989.
Außerdem stützt sich der Senat auf die Tatsache, dass es sich bei dem Slogan um eine Zeitungs-Headline handelt, welche in besonders prägnanter Form und unter Anwendung stilistischer Mittel ein Identifikationsgefühl in der Bevölkerung verbalisiert und gleichzeitig eine Individualprägung des Autors zum Ausdruck bringt.
Ein weiterer Umstand, der für eine ausreichende Schöpfungsqualität spreche, sei auch die Anerkennung in Fachkreisen, insbesondere die Vergabe des zweiten Platzes durch die Gesellschaft für deutsche Sprache unter den zehn Wörtern des Jahres 2005 und die Begründung, dass diese Platzierung dadurch erreicht sei, dass sie sprachlich einprägsam sei und noch Monate später zitiert und verändert worden sei.
Fazit:
Die Entscheidung ist ein gutes Beispiel für die weitreichende Anerkennung des Urheberschutzes im Bereich der Sprachwerke. Durch die Anwendung der geringen Vorgaben an die Schöpfungshöhe kann selbst eine solche kurze Headline Schutz genießen, wenn sie in Abweichung des üblichen Sprachgebrauchs und kreativer Form eine Kernaussage auf den Punkt bringt.