Grundsatzurteil des BGH zu Transparenzanforderungen bei Online-Vertriebskooperationen

Die Kooperation von Einzelhändlern mit weiteren Anbietern von Waren oder Dienstleistungen im Online-Vertrieb ist ein interessantes Vertriebsmodell. Der Einzelhändler kann seinen Kunden weitere Leistungen oder interessante Kombinationsangebote präsentieren und erhält oft eine Provision für die Vermittlung von Kunden. Der Anbieter der anderen Waren oder Dienstleistungen erschließt sich neue Kunden und profitiert von der Bekanntheit des Einzelhändlers.

Eine solche Zusammenarbeit kann allerdings auch zu substantiellen rechtlichen und wirtschaftlichen Risiken führen. So hat der Bundesgerichthof (BGH) in einer soeben veröffentlichten Entscheidung dem Einzelhändler Tchibo die Bewerbung von Direktversicherungsverträgen untersagt und die Anforderung an die Transparenz bei der Gestaltung einer derartigen Vertriebskooperation deutlich erhöht.

In dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Fall hatte der Einzelhändler Tchibo auf seiner Website den Abschluss von Versicherungsverträgen mit zwei Direktversicherungsanbietern beworben. Die Direktversicherungsanbieter wurden als „Versicherungspartner“ bezeichnet und die Angebote mit Slogans wie „Tchibogünstig“, „Tchibofair“ und „Tchiboeinfach“ angepriesen.

Auf der Tchibo Website befand sich ein Hinweis, dass die Versicherungen durch ein Konzernunternehmen der Direktversicherungsanbieter vermittelt wurden. Der Abschluss der Versicherungsverträge konnte direkt online beantragt werden, wobei der Antrag erst nach einer Weiterleitung auf die Website des Konzernunternehmens der Direktversicherungsanbieter gestellt werden konnte. Auch auf dieser Website befand sich aber blickfangartig hervorgehoben ein Tchibo Logo und weitere Hinweise auf Tchibo.

Aufgrund dieser Gestaltung war Tchibo von dem Verband Wirtschaft im Wettbewerb auf Unterlassung der Tätigkeit eines Versicherungsvermittlers in Anspruch genommen worden, da Tchibo nach Auffassung des Verbands nicht als bloßer „Tippgeber“ sondern als Versicherungsvermittler aufgetreten war. Während der bloße „Tippgeber“ erlaubnisfrei tätig werden darf, unterliegt der Versicherungsvermittler einer Genehmigungspflicht und hat eine Vielzahl von Informations- und Beratungspflichten zu beachten.

Nachdem bereits beide Vorinstanzen der Unterlassungsklage stattgegeben hatten, hat auch der BGH diese Form der Kooperation und des werblichen Auftritts untersagt. Der BGH betont in seiner Entscheidung, dass bei der konkreten Gestaltung des werblichen Auftritts Tchibo dem Verbraucher nicht nur als „Tippgeber“, sondern als Versicherungsvermittler erscheine. Es komme in diesem Zusammenhang ausschließlich auf das objektive Erscheinungsbild des Auftritts an. Dieses Erscheinungsbild sei hier dadurch geprägt, dass Tchibo konkrete Produkte der Direktversicherer bewerbe und empfehle und die Möglichkeit zum Online-Vertragsabschluss eröffne. Dass dieser Vertragsabschluss erst auf der Website des Konzernunternehmens der Direktversicherungsanbieter möglich sei, sei unerheblich. Dies insbesondere deshalb, weil dem Verbraucher dieser Wechsel wegen des einheitlichen Erscheinungsbildes der Websites verborgen bleiben könne und es hier an der notwendigen Transparenz fehle.

Fazit:

Die Entscheidung ist von grundlegender Bedeutung nicht nur für den Vertrieb von Versicherungen und die Zusammenarbeit von Einzelhändlern mit weiteren Anbietern im Vertriebsbereich. Sie hat auch grundlegende und allgemeine Bedeutung für die Gestaltung von Online-Auftritten bei allen Arten von Vertriebskooperationen wie etwa Franchisesystem oder sonstigen Handels- und Vertriebssystemen.

Es wird künftig noch wichtiger sein, klar und unmissverständlich zwischen den Websites der einzelnen Anbieter zu differenzieren und dem Verbraucher eindeutig vor Augen zu führen, auf welcher Website er sich befindet und welches Angebot von welchem Anbieter stammt. Dies sollten sowohl durch entsprechende textliche Hinweise als auch durch die grafische Gestaltung der Websites sichergestellt werden. Andernfalls drohen substantielle wirtschaftliche und rechtliche Risiken.

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