BGH: Forderung Abmahnkosten als Einnahmequelle strafbar

Der BGH hat mit Beschluss vom 8. Februar 2017 entschieden, dass die Geltendmachung von Abmahngebühren aus Abmahnungen, welche in rechtsmissbräuchlicher Art und Weise ausschließlich zur Generierung der Abmahnkosten dient, einen strafbarer Betrug darstellt.

Der Angeklagte war Rechtsanwalt und arbeitete mit einem Online-Shop-Besitzer im Bereich von Sportgeschäften zusammen. Infolge von wirtschaftlichen Schwierigkeiten kamen der angeklagte Rechtsanwalt und der mit angeklagten Betreiber des Online-Shops auf die Idee Verkäufer von Sport- und Freizeitartikeln auf Ebay wegen angeblicher Verschleierung ihrer Unternehmereigenschaft abzumahnen. Beide kamen überein, dass die angefallenen Rechtsanwaltsgebühren nicht in Rechnung gestellt werden sollten, sondern vielmehr die eingehenden Gelder der abgemahnten Personen hälftig aufgeteilt werden würden. Für den Fall der mangelnden Zahlung der abgemahnten sollten keine Kosten entstehen. Über die Eintreibung der Abmahngebühren sollten keine wettbewerbsrechtlichen Verfahren vor Gericht geführt werden.

In Folge dessen wurden in einem ersten Schritt 377 Ebay-Verkäufer mit einer Massenabmahnung abgemahnt. Bei Gegenstandswerten zwischen 8.000 und 15.000 € wurden pro Abmahnbrief jeweils 555,60 € bzw. 755,80 € in Rechnung gestellt. Dabei wurde wahrheitswidrig behauptet, dass diese Kosten dem Betreiber des Online-Shops als Auftraggeber für den abmahnenden Rechtsanwalt entstanden seien. Von den abgemahnten Personen zahlten 25 in einem Zeitraum von gut 4 Wochen einen Gesamtbetrag von über 13.100 € auf das Konto des abmahnenden Rechtsanwalts, die übrigen abgemahnten zahlten nicht. Daraufhin erfolgte eine zweite Abmahnserie an 1.149 Verkäufer bei Ebay, wobei für das Abmahnschreiben keine Gebühren im ersten Schritt gefordert wurden. In Folge eine Durchsuchung versuchte sich der abmahnende Rechtsanwalt von den Abmahnungen zu distanzieren. Sein Auftraggeber versuchte gleichwohl mit einem anderen Rechtsanwalt die Gebühren aus den ausgesprochenen Abmahnungen ebenfalls mit der Absprache einer hälftigen Teilung beizutreiben.

Hierbei wurde ein Betrag von über 16.000 € generiert.

Der BGH stellt nunmehr fest, dass in einer Fallgestaltung eines vorsätzlich rechtsmissbräuchlichen Verhaltens die Forderung von Abmahngebühren ein strafbarer Betrug sei. Die Erklärung der berechtigten Abrechnung der Abmahnkosten stelle nach Ansicht des BGHs eine Täuschung der abgemahnten Ebay-Verkäufer darüber dar, dass die Zielrichtung der Abmahnschreiben nicht die Beseitigung eines Wettbewerbsverstoßes eines Mitbewerbers darstelle, sondern ausschließlich eine rechtsmissbräuchliche Gebührenforderung generieren solle.

Fazit:

Die Entscheidung des BGHs ist in jedem Fall zu begrüßen. Vorsicht ist gleichwohl mit der Übertragung auf „normale Abmahnfälle“ geboten. Der zugrundeliegende Fall ist ein krasser Fall des Rechtsmissbrauchs im Wettbewerbsrecht. Mithin ist aus meiner Ansicht die Entscheidung nicht allgemein auf die Geltendmachung von Gebühren in Folge einer unberechtigten Abmahnung zu übertragen. Vielmehr muss im Einzelfall geschaut werden, ob ein berechtigtes Interesse an der Unterbindung eines Wettbewerbsverstoßes durch einen Mitbewerber liegt. Sollten lediglich unterschiedliche Meinungen über die rechtliche Bewertung oder die Tatsachengrundlage existieren und vor diesem Hintergrund materiell rechtlich die Forderung der Abmahngebühren unberechtigt sein, kann meines Erachtens die versuchte Durchsetzung keinen Betrugstatbestand darstellen. Vielmehr ist die vorliegende Fallgestaltung grundsätzlich auf die Zielrichtung der Abmahnung ausschließlich zur Generierung von Abmahngebühren oder sonstiger sachwidriger Interessen begrenzt.

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